Jetzt kann es jeder lesen. Seit Jahresbeginn ist die urheberrechtliche Schutzfrist für „Mein Kampf“ abgelaufen. Die von Hitler verfasste Hetzschrift ist in einer umfangreich kommentierten Ausgabe erstmals seit Ende des Zweiten Weltkriegs wieder im deutschen Buchhandel erhältlich. Da der Besitz und Erwerb von „Mein Kampf“ aus dem Ausland oder von privater Hand nicht verboten war, ist dieses Ereignis vermutlich weniger einschneidend, als es manche Journalisten im Vorfeld vermutet haben. Für das Bündnis „Gesicht zeigen!“ ist es aber der richtige Anlass, ein Buch gegen Rechts zu publizieren.

Rechtspopulismus ist in der europäischen Politik, wie es scheint, wieder salonfähig. Immer mehr Menschen äußern ihren Fremdenhass nicht mehr verschämt hinter vorgehaltener Hand, sondern verkünden ihre Ansichten offen auf der Straße und im Internet. Flüchtlinge werden immer wieder wegen ihres Aussehens, ihrer Religion und ihrer Abstammung verbal und manchmal auch tätlich angegriffen. Flüchtlingsunterkünfte sind das Ziel von Brandstiftern, linke Politiker werden attackiert. Höchste Zeit also, gegen diese Exzesse aufzustehen.

Der Verein „Gesicht zeigen!“ stellt in „Mein Kampf –- gegen Rechts“, eingerahmt von Grußworten von Iris Berben, Sascha Lobo und Konstantin Wecker, elf sehr unterschiedliche Menschen vor. Alle haben gemeinsam, dass sie sich im Sinne der Zivilcourage gegen rechtsradikale Ideologien, Fremdenhass und Gewalt engagieren. Je verkauftem Exemplar geht ein Euro direkt an den Verein.

Unter den Portraitierten finden sich einige, wie der Journalist Hernan D. Caro, der Vorsitzende des Ausländerbeirats in Erfurt José Paca und die MTV-Moderatorin Wana Limar, die selbst ausländerfeindliche Ressentiments und Schlimmeres in Deutschland erlebt haben. Mosche Dagan ist Auschwitz-Überlebender. Der Bürgermeister Andreas Hollstein sieht es als Mitglied einer christlichen Partei (CDU) als seine Pflicht an, Flüchtlingen mit Nächstenliebe zu begegnen. Nicola-Canio Di Marco ist Sozialarbeiter und Sozialpädagoge und hat sich, nachdem er selbst mit rechtsradikalen Jugendgruppen geliebäugelt hatte, der Punk-Kultur angeschlossen.

Elf Menschen erzählen von ihren Erlebnissen, ihrer Motivation und ihrem Engagement. Sei es als freiwilliger Helfer in einer Flüchtlingsaufnahmestelle, als Sozialpädagoge für Jugendliche, als gewählter Politiker, Journalist oder als Gegendemonstrant, der die Parolen von Pegida, Legida und Konsorten nicht einfach so stehen lassen will.

Die Geschichten sind knapp gehalten und lesen sich schnell. Die Lebensläufe unterscheiden sich sehr voneinander, ebenso wie die Art und Weise, wie jeder dieser Menschen sich dem Phänomen Fremdenhass entgegenstellt. Manche der dargestellten Erlebnisse sind hochdramatisch, manches ist ein wenig skurril. Alle Geschichten jedoch sind authentisch und zeugen vom Willen, dazu beizutragen, dass unsere Gesellschaft weltoffen, menschlich und friedlich bleibt. Vor allem zeigen die verschiedenen Portraits, wie unterschiedlich die Möglichkeiten sind, auch im Kleinen zu diesem gemeinsamen Ziel beizutragen. Ein wichtiger Beitrag zum Kampf gegen bornierte Vorurteile, Gewalt und das stumme Erdulden zur richtigen Zeit.

Über den Herausgeber

Uwe-Karsten Heye, Paul Spiegel und Michel Friedman haben Gesicht zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland im August 2000 gegründet, um für ein weltoffenes und tolerantes Deutschland einzutreten.

Gesicht zeigen! ermutigt Menschen, aktiv zu werden gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus und rechtsextreme Gewalt. Der Verein agiert bundesweit. Er greift in die aktuelle politische Debatte ein und bezieht öffentlich Stellung.

Gesicht zeigen! arbeitet in den Bereichen Aufklärungs– und Projektarbeit. Ziel ist die Stärkung des gesellschaftlichen Engagements und die Sensibilisierung für jede Art von Diskriminierung.

Bibliographie

Karin Kalisa

Mein Kampf – gegen Rechts
Gesicht zeigen! (Hrsg.)
Europa Verlag Berlin

Gebunden, 165 Seiten
ISBN 978-3-958900-27-1