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Sinnsuche im Wald

Was macht einen erfoglreichen Film aus? Junge sexy Darsteller, Verfolgungsjagden, Explosionen, Geheimdienste, Massenszenen und ein oder zwei unglaublich überraschende Wendungen in der Handlung sind das Material für einen Blockbuster. Kein einziges dieser Elemente verwendet Ken Kwapis. Er hat einen Wanderbericht verfilmt. Das klingt ungewöhnlich, ja langweilig. Doch der Schein trügt. Wie auch die Buchvorlage, gleichen Titels, ist „Picknick mit Bären“ mehr als ein Bericht, hat Witz und reflektiert hintergründig über das Leben.

Bill Bryson (Robert Redford) ist ein bekannter Reiseschriftsteller, doch seine Wanderjahre liegen weit zurück. Bevor er sich zur Ruhe setzt, möchte er noch einmal beweisen, dass er nicht zum alten Eisen gehört. Er beschließt den Appalachian Trail zu meistern, einen 3500 Kilometer langen Wanderweg entlang der Ostküste der USA. Seine besorgte Frau Cathy stellt eine Bedingung: er geht nicht allein. Nach langer erfolgloser Suche meldet sich schließlich der Jugendfreund Steven Katz (Nick Nolte) als einziger Freiwilliger. Katz der sein jahrelanges Alkoholproblem inzwischen überwunden hat, ist dennoch in miserabler Verfassung. Kurzatmig und übergewichtig stellt er den schlimmstmöglichen Reisepartner dar.

Doch Bryson lässt sich von seinem Vorhaben nicht abbringen und die beiden ziehen los.

Katz, dessen Leben aus Alkohol und Frauen bestand, führt Bryson vor, was er in den Jahren als erfolgreicher Autor und Familienvater scheinbar verpasst hat. In vielen unterhaltsamen Szenen versuchen die beiden Momente jugendlicher Abenteuer neu zu erwecken. Die Wortgefechte zwischen dem schlagfertigen Bryson und dem lakonischen, etwas vulgären Katz bleiben dabei den ganzen Film hindurch originell und unterhaltsam.

Während sich die beiden Senior-Wanderer von Beginn an schwer tun, die körperlichen Strapazen zu bewältigen, finden sie in vielen von Jugenderinnerungen schwangeren Szenen zu ihrer Freundschaft zurück und entdecken die Leichtigkeit im scheinbar Schweren des Alterns.

Ein wichtiges Element des Films stellen die Landschaftsaufnahmen aus den Wald- und Bergwelten der amerikanischen Ostküste dar. Die Bilder wirken dabei weniger spektakulär als z. B. die Rocky Mountains oder die Eisfelder Alaskas, vermitteln aber, unterstützt durch die reduzierte Handlung, ein starkes Gefühl von Erdverbundenheit, Ehrlichkeit und Lebensnähe. Die originalen Drehorte verleihen dem Film zusätzliche Authentizität. Der Soundtrack, der sich auf Bluesrock konzentriert, gerät weder kitschig noch aufdringlich und unterstreicht das Roadmovie-Flair. Die Freude am Naturerlebnis und der Suche nach Abenteuern wirkt in vielen Szenen ansteckend.

Schöne Landschaften, witzige Dialoge und zwei alternde Abenteurer, die stets authentisch und niemals lächerlich wirken, ergeben einen Film der ruhig ist und doch nicht langweilig, witzig und doch philosophisch, ernsthaft und doch leicht.

Tobias Schudok

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Filmographie

Ein Film von Ken Kwapis
A Walk in the Woods
(Dt.: Picknick mit Bären)

USA 2015
98 Minuten

Deutscher Kinostart 15. Oktober 2015
Im Verleih von ALAMODE FILM