Einsam in der Fremde
Die Medien sind voll von Berichten, Kommentaren und politischen Diskussionen über Flüchtlinge, Krieg und Terror. Für Kinder sind die abstrakten Informationen meist schwer verständlich. Die bedrohliche Stimmung, die Bilder aus Krisengebieten und notdürftigen Flüchtlingscamps übertragen, erreicht sie aber umso leichter. Was geschieht nur in dieser Welt? Wieso müssen so viele Menschen ihre Heimat verlassen? Wieso stellt das ein Problem dar? Uticha Marmon wählt in ihrem zweiten bei Magellan erschienen Kinderbuch „Mein Freund Salim“ eine kindgerechte Perspektive für eine erste Annäherung an diese Fragen.
Eigentlich sind Hannes, seine jüngere Schwester Tammi und ihre Freunde ja vollauf damit beschäftigt das Gruselkabinett für das Schulfest vorzubereiten. Doch sie können sich nicht so recht auf die Arbeit konzentrieren. Zum einen ist da der dunkelhaarige Junge, der kein Deutsch spricht, nicht zur Schule geht und sich überhaupt höchst verdächtig verhält. Und dann sabotiert auch noch jemand die Arbeit am Gruselzimmer.
Tammi und Hannes spielen Detektiv und gehen der Sache auf den Grund. Wieso verhält sich der fremde Junge Salim so seltsam, was bedeuten die merkwürdigen Bilder, die er ständig zeichnet und kann es wirklich sein, dass er ein Dieb ist?
Am Ende lernen Hannes, Tammi und ihre Freunde in welcher tragischen Situation sich Salim befindet und gewinnen ihn trotz anfänglichen Misstrauens als neuen Freund.
Die, in flotten kurzen Sätzen erzählte, Geschichte ist für Kinder, die über Erstlesebücher gerade hinaus sind, gut geeignet. Statt langwieriger Beschreibungen gibt es ständig neues Spannendes. Viele kleine Andeutungen und brenzlige Situationen schaffen eine aufregende Stimmung und lassen bei der Auflösung der Rätsel mitfiebern.
Die Flüchtlingsthematik behandelt Uticha Marmon nicht wie den Inhalt einer Lehrstunde, sondern sie ist geschickt in eine kindgerechte Detektivgeschichte verwoben.
Das beschriebene Szenario ist glaubwürdig, wenn auch in der Ausgestaltung der Details nicht unbedingt wahrscheinlich. Dass Salim seine Erfahrungen durch unbewusste Gesten und Reaktionen und vor allem durch seine Zeichnungen erzählt, ist originell und atmosphärisch. Leider bleiben so aber auch viele Fragen über Salims Erlebnisse unbeantwortet.
„Mein Freund Salim“ ist ein spannendes Abenteuer für junge Leser, das behutsam in das Flüchtlingsthema einführt und Anregung zu vielen weiteren Fragen an Eltern, Lehrer oder ältere Geschwister gibt.
(Tobias Schudok)
Bibliographie
Mein Freund Salim
Uticha Marmon
Magellan
Gebunden, 158 Seiten
Alter 8-10 Jahre
ISBN 978-3-7348-4010-4
Über die Autorin
Uticha Marmon, geboren 1979, studierte Dramaturgie, Literaturwissenschaft und Pädagogik in Mainz, Wien und München. Sie arbeitete als Theater-Dramaturgin und war einige Jahre als Lektorin und Regisseurin bei einem Hörbuchverlag tätig, ehe sie sich als Autorin und Lektorin selbstständig machte. Uticha Marmon lebt in Hamburg.