Nicole Garcia erzählt eine Geschichte voller Leidenschaft
Gabrielle (Marion Cotillard)
Im Roman Mal di Pietre (deutsch: Die Frau im Mond) von Milena Agus berichtet die junge Erzählerin von ihrer Großmutter. Deren Sehnsucht nach Liebe und Erotik (sowie ihr selbstverletzendes Verhalten), schien in den 40ern des vergangenen Jahrhunderts absolut anstößig. Dies führte dazu, dass sogar die Mutter der Romanheldin in Erwägung zog, ihre Tochter in eine Anstalt einzuweisen. Eine Geschichte, die Fragen nach der Rolle und dem Selbstverständnis der Frauen zu dieser Zeit aufwirft.
Heirat statt Lebensglück
In diesen Tagen kommt nun die Verfilmung des Bestsellers in die Kinos. Die Regisseurin, Nicole Garcia verlegt die Handlung von Italien nach Frankreich. Ihre Hauptdarstellerin Gabrielle (Marion Cotillard) lebt dort in einem kleinen Dorf bei ihren Eltern.
Nicht nur der verheiratete Dorflehrer verschmäht Gabrielles von sexuellen Fantasien beflügelte Liebe. Ihr allzu emotionales und ungestümes Auftreten irritiert die ganze Dorfgemeinschaft und versetzt vor allem ihre Mutter zunehmend in Rage. Schließlich versucht sie Gabrielle die Flausen durch eine arrangierte Ehe auszutreiben.
Die Wahl fällt auf den spanischen Erntehelfer José (Àlex Brendemühl). Ihm gefällt Gabrielle. Außerdem wollen ihm die Schwiegereltern in spe seinen eigenen kleinen Betrieb finanzieren.
Gabrielle, die keinerlei Gefühle für José hegt, sieht keine Alternative für sich und willigt schließlich ein. Josés Leidenschaftslosigkeit stößt Gabrielle ab. Dieser erträgt ihre feindselige Haltung scheinbar gelassen, holt sich, was er von Garbrielle nicht bekommen kann, jedoch bei den Prostituierten im Dorf.
Zur Behandlung ihrer Gallensteine bezahlt José Gabrielle eine Kur in der Schweiz. Dort trifft sie auf André Sauvage (Louis Garrel). einen hochdekorierten Kriegshelden, der Klavier spielt und auch sonst all das in sich zu vereinen scheint, was Gabrielle sich erträumt. Ihre Leidenschaft entbrennt.
Später, zurück bei José, besteht ihr Lebensinhalt nur noch im Verfassen feuriger Liebesbriefe an André und das Hoffen auf seine Antwort. Doch letztlich entwickelt sich alles ganz anders als erträumt.
Malerisches Provinzidyll
Illustriert wird die Geschichte von malerischen Aufnahmen der französischen Provinz, später auch der Schweizer Alpen. Die wenigen Szenen, die das sexuelle Verlangen auch bildlich vermitteln sind doch recht diskret.
Die Darsteller agieren durchweg glaubwürdig, nur Josés Schweigsamkeit ist leicht überzeichnet. Ausgerechnet bei Gabrielle wirken die großen Emotionen bisweilen etwas aufgesetzt, sodass es dem Zuschauer mitunter schwerfallen könnte, die Gefühle zu teilen.
Gabrielle (Marion Cotillard) in den Lavendelfeldern
Mehr als feministische Parolen
Nicole Garcias „Die Frau im Mond“ spielt in einer Zeit, in der Frauen oftmals nur wenig Einfluss auf ihre Lebensgestaltung hatten und Liebe als Luxus galt, den sich nicht jeder leisten konnte. Und so erweckt die Handlung zunächst den Anschein, dass der berechtigte Freiheitsdrang der Frau den Zwängen der patriarchalen Ordnung jener Zeit entgegengestellt wird.
Doch Garcia bleibt dort nicht stehen. Ihr Film beschränkt sich nicht auf eine feministische Parole, sondern entwickelt sich durch eine überraschende Wendung zu einer weitaus tieferen Meditation über das Gefühl der Leidenschaft. Er handelt von einem leidenschaftlichen Menschen in einer scheinbar leidenschaftslosen, engstirnigen und zweckorientierten Welt. „Die Frau im Mond“ ist eine Hymne auf die Leidenschaftlichkeit, die sich zugleich zu fragen traut, was denn wahre Leidenschaft ausmacht, ob Leidenschaft, als Gier und egoistisches Verlangen verstanden, vielleicht doch nur „Leiden schafft“.
(Tobias Schudok)
Filmographie
Nicole Garcia
Die Frau im Mond
Les Productions du Trésor
116 Minuten
Im Verleih von Studiocanal GmbH
Kinostart: 2. März 2017
Mehr zum Film unter: www.diefrauimmond-film.de
Bibliographie
Milena Agus
Die Frau im Mond
dtv
Taschenbuch, 135 Seiten
ISBN 978-3-423137-36-2
7,90 €
Verlosung
Pünktlich zum Kinostart verlost Literatur Garage zwei Kinokarten und ein Poster.
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