Ein bewegender Debütroman

Der preisgekrönte Debütroman Hundesöhne der jungen Schweizer Autorin Louisa Merten ist eine packende, vielschichtige Erzählung, die den Leser auf eine emotionale Reise mitnimmt. Die Geschichte von Ginny, einer jungen Frau, die in ihrer Suche nach sich selbst immer wieder mit den Schatten ihrer Vergangenheit konfrontiert wird, berührt auf tiefgründige Weise.

Der Aufbruch der jungen Ginny

Mit 15 Jahren flieht Ginny aus ihrem einsamen Bergdorf, in dem sie und ihr Halbbruder Silvan die einzigen Kinder waren. Ihr Ziel ist das Tal, wo sie in einem Tierheim landet – einem Heim für überflüssige und ungeliebte Hunde und Katzen, um die sich Ginny in den letzten Jahren rührend kümmert.

Ein Ort voller Erinnerungen und Geheimnisse

Im Tierheim wird Ginny nicht nur mit ihrem Alltag konfrontiert, sondern auch mit den Menschen, die ihr Leben prägen. Da ist ihr Chef, der Hundeflüsterer Sebrov, mit seinen zwei Söhnen Mirko und Remi. Die Tiere, denen sie sich widmet, stehen ihr in ihrer Einsamkeit oft näher als die Menschen.

Doch immer wieder tauchen Erinnerungen an ihre Kindheit auf. An Christian, den Mann, den sie als ihren Vater betrachtet und der als Förster in dem abgelegenen Dorf lebt. An Silvan, den Halbbruder, zu dem sie eine enge, fast untrennbare Beziehung pflegt. Und an ihre Mutter, die in der Geschichte nur eine kühle und distanzierte Rolle einnimmt.

Ginny entdeckt zudem verborgene Verbindungen zwischen Sebrov und seiner verstorbenen Frau Eme und ihrer eigenen Mutter – Beziehungen, die tief in die Vergangenheit reichen und das komplexe Geflecht ihrer eigenen Herkunft weiter entwirren.

Die Suche nach dem eigenen Ich

Ginas Reise ist nicht nur eine geografische, sondern vor allem eine psychische. Ihre bedrückende Suche nach ihrem eigenen Ich führt sie immer wieder in ihre inneren Abgründe. Sie verliert sich in einem Seelenlabyrinth, aus dem es keinen einfachen Ausweg zu geben scheint. Das Milieu des Tierheims dient dabei als äußere Hülle, die symbolisch für diese innere Zerrissenheit steht.

Ein verheerender Brand und die Suche nach Heimat

Als ein verheerender Waldbrand das Dorf zerstört und Ginny das Elternhaus ihrer Familie verliert, nimmt die Geschichte eine dramatische Wendung. Sie und ihre obdachlose Familie finden Unterschlupf im Haus eines Mannes – einem Mann, den Ginny stets für ihren Vater hielt. Doch als dieser Mann unerwartet zurückkehrt, wird alles auf den Kopf gestellt.

Ein Psychogramm einer einsamen jungen Frau

Hundesöhne ist eine zutiefst bewegende Lektüre, die nicht nur von der Suche nach der eigenen Identität erzählt, sondern auch von der inneren Zerrissenheit, die mit Verlust und Einsamkeit einhergeht. Louisa Merten gelingt es, in ihrem Roman ein präzises Psychogramm einer jungen Frau zu zeichnen, die zwischen den Schatten ihrer Vergangenheit und der Suche nach ihrer eigenen Zukunft hin- und hergerissen ist. Wer tiefgründige und vielschichtige Literatur liebt, wird mit diesem Werk reich belohnt.

Almut Scheller-Mahmoud

merten_hundesoehnBibliografie:

Louisa Merten: Hundesöhne
Roman, Hardcover
ISBN 978-3-03925-050-9
Seiten 181
Erschienen 5. August 2025
€ 25.00 / Fr. 26.00

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