Christiane F. trifft die Jugend heute

„Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ in der restaurierten Fassung zu gewinnen

Drogenmilieu, Kinderstrich und die Musik von David Bowie. Diese Stichwörter dürften ausreichend dafür sein, dass zumindest unsere komplette Leserschaft im Alter 50 + weiß, dass es hier nun um Christiane F. „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ geht. Das Buch erschien bereits 1978. Kai Hermann und Host Rieck hatten es auf Basis ihrer Tonbandprotokolle mit der drogenabhängigen Jugendlichen Christiane Felscherinow verfasst. 1981 lief die Premiere des Films.

Interview mit Nadja Brunckhorst

Warum wir uns nun mit einem 41 Jahre alten Film befassen, hat zahlreiche Gründe. Der offenkundigste und naheliegende ist, dass eben eine restaurierte Fassung mit neu produziertem Bonusmaterial erschienen ist. Mit dabei: ein Audiokommentar mit Regisseur Uli Edel und ein aktuelles Interview mit der Hauptdarstellerin Nadja Brunckhorst. Letzteres lohnt sich schon deshalb, weil Brunckhorst mit der jahrzehntelangen Distanz zu ihrer ersten Filmrolle über ihre Erlebnisse erzählt. Das ist eben nicht nur Filmgeschichte, sondern auch die Geschichte eines Mädchens, das von einem Moment auf den nächsten plötzlich im Scheinwerferlicht steht. Zudem weiß Brunckhorst zu erzählen.

Einfach gut

Zudem sind die bedrückenden Themen des Films „Drogensucht“ und „Kinderstrich“ leider aktueller denn je. Dass Jugendliche sich ausprobieren wollen und müssen, Sinn, Freundschaft und Partner suchen und dabei möglichst Rückhalt in einem funktionierenden Elternhaus finden sollten, gehört zu den zentralen Herausforderungen des Heranwachsens.

Dass der Film dabei noch immer kaum etwas von seiner Qualität verloren hat, lässt sich vor allem beim Blick auf die Jugendlichen feststellen, die den Film heute sehen. Am Ende bleibt wohl ein nachdenkliches, betretenes Gefühl zurück, das jedoch allzu oft mit einem hohen Maß an Faszination verbunden ist. Denn der Film ist einfach gut. Die Mischung aus packender Story, den größtenteils sympathischen und authentisch wirkenden Darstellern und der Musik von David Bowie trifft nach wie vor das Lebensgefühl vieler Heranwachsender.

Das Dilemma

Genau darin besteht das Dilemma des Films. Denn zum einen hat gerade dies zu dem Kult um Christiane F. in den achtziger Jahren geführt, zum anderen ist es aber nun mal notwendig, den Film so zu schaffen, dass er Jugendlichen auch zumutbar ist und diese ein Interesse daran haben, ihn zu sehen. Deshalb ist hier auch nicht die ungeschminkte, hässliche, brutale und meist hoffnungslose Realität zu sehen, sondern lediglich eine sehr softe Variante davon. Das vordergründige Zeichen dafür, ist die Sauberkeit der öffentlichen Toiletten, in denen sich die Darsteller herumtreiben. Wer heute die stillen öffentlichen Örtchen in Berlin besucht, weiß wie die Realität dort aussieht.

Basis für Auseinandersetzung

So bietet der Film eine gelungene, geschützte Umgebung wie in einem Labor, in dem die Basis für die Auseinandersetzung mit teilweise schwierigen Jugendthemen geschaffen ist. So ist er noch immer Ausdruck und Projektionsfläche für viele Jugendliche, die auf der Suche nach sich und ihrem Leben sind. insofern ist der Film, besonders in der mit Bonusmaterial restaurierten Fassung noch immer so empfehlenswert, wie vor 40 Jahren.

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