Fann Attiki: Cave 72

Einführung: Zwei Kongo-Staaten, zwei Geschichten

Die Republik Kongo mit ihrer Hauptstadt Brazzaville war einst französisches Kolonialgebiet. Sie gilt als die kleine Schwester der Demokratischen Republik Kongo – jenes Landes, das wir mit Conrad’s *Herz der Finsternis*, mit König Leopold, Patrice Lumumba, Mobutu, Kabila und unerschöpflichen Bodenschätzen verbinden.

Afrika – ein Kontinent der Gegensätze

Afrika ist ein riesiger Kontinent: alt, weise, voller Mythen – arm und reich zugleich –, aber auch jung, dynamisch und kreativ. Das beweist auch das Romandebüt von Fann Attiki. Im Jahr 2021 veröffentlichte er seinen ersten Roman, *Cave 72*, der prompt mehrere Literaturpreise gewann.

Struktur und Erzählweise des Romans

Der Roman ist in sieben Kapitel gegliedert, die wiederum in einzelne Tage mit präzisen Uhrzeiten und Ortsangaben unterteilt sind. Dadurch entsteht das Gefühl, unmittelbar am Geschehen beteiligt zu sein.

Machtspiele und Intrigen im Zentrum der Handlung

Die eigentliche Hauptfigur ist der allgegenwärtige Führer – ein absoluter Herrscher, der nur vage zwischen den Zeilen auftaucht. Die Akteure dieses manipulativen Machtspiels sind der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrats, Monsieur le Conseiller, der Generaldirektor der Territorialen Sicherheit, Colonel Ortega, sowie weitere Figuren wie Jonas alias The King Yellow, Philippo – und natürlich Arland Akoly, ein ehemaliger Minister, Frauenverführer und Lebemann, der seinem jüngeren Bruder Black Mic-Mac tief verbunden ist. Dessen überraschender, ungeplanter Tod – ein Kollateralschaden – offenbart die Mechanismen von Intrige und Gerücht.

Der Treffpunkt: Cave 72

Doch die zentrale Figur in diesem „Défilé“ ist Mâ Douala, genannt Maman National, die Besitzerin der Kneipe *Cave 72* in der Avenue d’Asia. Ihre Lieblingsgäste: vier junge Intellektuelle – Didi, Ferdinand, Verdass und Stephan –, verbunden durch Freundschaft, gemeinsame Weltanschauung und eine klare Ablehnung gegenüber der korrupten, patriarchalen Obrigkeit. Sie hatten weder gesellschaftlichen Erfolg noch mächtige Gönner, weigerten sich jedoch standhaft, sich der modernen Sklaverei zu beugen. Black Mic-Mac, von ihnen der Große genannt, wollte eine Produktionsfirma für Film, Musik und Theater gründen.

Spannung, Kritik und ein konsequentes Finale

Attiki schildert ein Verwirrspiel aus Verdächtigungen, Gerüchten, unterwürfigem Gehorsam, Ehrgeiz und der Angst vor dem Verlust von Macht und Privilegien – lebendig, plastisch und spannungsgeladen. Mit wachsender Faszination verfolgt man, wie sich dieses intrigante Knäuel in der brodelnden Gerüchteküche entwirrt – bis hin zu einem letzten, durchaus konsequenten Finale.

Fazit: Der Dompteur bleibt Sieger

Der Dompteur bleibt Sieger über seine Kreaturen. Nicht nur in Afrika.

Almut Scheller-Mahmoud

cover-attiki_caveBibliografie:

Fann Attiki
Cave 72
Roman, Aus dem Französischen von Christiane Kayser
Hardcover
ISBN 978-3-03925-043-1
Seiten 212
Erschienen 4. März 2025
€ 26.00 / Fr. 28.00