Cover_Liam und das AmulettSelten läuft es im Leben so wie wir uns das wünschen. Und selbst die besten Absichten können böse Folgen haben. Das ist eine der vielen Erfahrungen, die der zwölfjährige Liam McKenzie sammelt. Gemeinsam mit seinem Hund, dem „Powerbeagle“ Richie, patrouilliert er Abend für Abend seine Wohnstraße entlang. Er ist der „Maskierte Rächer“, der die Anwohner der Franklin-Street vor allem Unglück bewahren möchte. So repariert er etwa eine Gartentüre oder weist einen Autobesitzer per Zettel auf einen fast platten Reifen hin.

Am Ende der Straße wartet jedoch eine deutlich schwierigere Aufgabe auf ihn. Hier wohnt eine traurige Frau. Natürlich will Liam ihr helfen. Er hat eine tolle Idee, die leider nicht so aufgeht, wie er sich das wünscht. Aber er hat Glück und entdeckt ganz andere Superkräfte in sich, die letztlich der schönen Traurigen wirklich helfen.

Craig Silvey zeichnet mit seinem jungen Protagonisten Liam eine sehr vielschichtige Figur mit vielen Facetten. Tagsüber ist Liam ein ganz normaler Junge. Er ist ein mittelmäßiger Schüler, der seine Probleme mit Mitschülern und Lehrern hat und alleine mit seiner Mutter lebt. Machtlos steht er vor den meisten Problemen des Alltags.

Wie viele seiner Altersgenossen lebt er deshalb in seiner Fantasiewelt, in der er der mächtige „Maskierte Rächer“ ist. Seine Heldenphilosophie samt einem komplizierten Verfahren zur Entwicklung seiner Superkräfte ist detailliert ausgearbeitet. So trägt er neben Maske und Cape einen „unglaublichen Kraftgürtel“, der eine Sammlung von Steinen und Mineralien enthält. Der „Maskierte Rächer“ hat seinen eigenen Codex. Er will die Welt verbessern, alles zum Guten führen.

Im Spannungsfeld von Fantasiewelt und Realität gelingt Silvey mit Liam die Konstruktion eines real wirkenden Charakters mit all seinen Problemen und Wünschen. Liam stellt eine Identifikationsfigur für seine Altersgenossen. Und indem er sich trotz seiner Unzulänglichkeiten immer wieder für das Gute entscheidet, ist er zudem ein Vorbild in einer oftmals witzigen bis manchmal bedrückenden Geschichte. Viele Erwachsene erinnert Liam sicher auch zum Teil schmerzhaft an die eigene Kindheit.

Passend dazu ist der gesamte Band im Retro-Style gestaltet und auch im Innenteil von Sonia Martinez reich illustriert.

Ein packendes Buch für alle Kinder am Vorabend der eigenen Pubertät und jeden Erwachsenen, der einen Ausflug in die eigene Kindheit machen möchte.

BibliographieCover_Liam und das Amulett

Liam und das Amulett
Craig Silvey

Aus dem Englischen von Bettina Münch
Ab 10 Jahren / 128 Seiten
Rowohlt Taschenbuch Verlag

Über den Autor

Foto: Megan Lewis

Foto: Megan Lewis

Craig Silvey lebt in Fremantle, Western Australia. Bereits mit 19 Jahren schrieb er seinen ersten Roman, „Rhubarb“. 2009 erschien „Jasper Jones“, der in über 15 Länder verkauft und mit Preisen überhäuft wurde. „Wer hat Angst vor Jasper Jones“ wurde 2013 bereits für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert. Auf der Berlinale 2013 erhielt er den Gläsernen Bären für die Verfilmung von „The Amber Amulet“ ausgezeichnet. Neben dem Schreiben ist Silvey Sänger und Songwriter der Band „The Nancy Sikes!“.