Sibylle Baillon: Wie Spuren am See – Das Juwel

Erster Eindruck

Dass der Roman Wie Spuren am See – Das Juwel von Sibylle Baillon gleich mit zwei Paukenschlägen beginnt, überrascht nicht nur die Hauptfiguren Bella und Chris, sondern auch denjenigen Leser, der Band 1 und 2 genossen hat. Obwohl jeder Band voneinander unabhängig lesbar und keine Fortsetzung des vorherigen ist, stellt dieser Roman Bezüge zu bereits bekannten Figuren und Begebenheiten her. Dem, der dieses Buch als erstes liest, entgeht dadurch nichts, die Leser der Reihe finden aber durch ihre Erinnerung umso leichter ins Setting.

Inhalt

Während Isabella und Chris unbeschwert ihr Leben in der von Ada geerbten Villa am Bodensee genießen, meldet sich Isas alte Freundin Rita zu Besuch an – mit Bernd, Isabellas früherem Lebensgefährten, den sie wegen dieser Erbschaft und wegen Chris verlassen hatte. Überraschend harmonisch verläuft das Zusammensein – dem gemeinsamen Interesse der beiden Männer an einem geheimen Besuch Napoleons in Lindau geschuldet. Und einem dort wohl verloren gegangenem Kleinod: dem Juwel, das dem Buch seinen Namen gab. Fast zeitgleich bringt ein Besucher Isabella aus dem seelischen Gleichgewicht, indem er Anspruch auf die Villa anmeldet. Trotz aller Sehnsucht zum Haus und zu Adas Vergangenheit will sie ihm ein rechtmäßiges Erbe nicht streitig machen. Doch ihre Zweifel werden durch zwei Todesfälle genährt …

Schreibstil

Gewohnt bildhaft zeigt Sibylle Baillon in der Ich-Erzählung das Auf und Ab von Isabellas Gefühlen, die reichlich Grund zur Wallung erfahren. Treffend formuliert sind die Befürchtung, Bernd würde während seines Besuchs Rachegelüste für ihre Trennung ausleben, und das befreiende Aufatmen, als Isa sein herzlich-kumpelhaftes Verhalten Chris gegenüber erlebt. Genauso lebendig zieht die Autorin dem Leser die Zerrissenheit vor Augen, den eigenen Anspruch aufs Erbe mit gut erklärter moralischer Begründung zurückzustellen, wie auch die Zweifel an der Identität ihres Kontrahenten. Mir persönlich nahm die Leichtigkeit dieses Zurücksteckens zu viel Raum ein, es unterstützt aber die Handlung, die mit passenden und authentisch klingenden Formulierungen Romantik, Historie, Dramatik und Elemente der Kriminalliteratur miteinander verknüpft. Der Dichte von Handlung und Gefühlen wird die Autorin jederzeit gerecht, indem sie spannende Szenen der Jetztzeit mit dramatischen Rückblenden und teils längeren Passagen von Isabellas Innenschau abwechselt. Gerade bei Letzterer ist es kein Monolog, sondern aufgelockertes Gespräch mit den übrigen Figuren. Besonders vermeintliche Nebensächlichkeiten machen die Dialoge authentisch, sei es das schwäbische „Griaß Godd“ oder die Anrede, die ja nach Sprecher „Isa“ oder „Bella“ lautet. Häufige Vergleiche abseits aller Klischees lassen das Setting leben, erlauben sogar dem Bodensee ein Eigenleben und ziehen den Leser in ihren Bann. Alles in allem so voller Gefühl, dass sich niemand den Befürchtungen, den Zweifeln, aber auch dem Mitleiden und der Erleichterung Isabellas und der Neugier von Chris und Bernd entziehen kann.

Fazit

Auch wenn der Roman leichtfüßig verfasst ist, leiden weder Spannung noch Dramatik. Ein „blaues Buch“, das durch sein Setting mit blauem Himmel und blauem See Urlaubsstimmung verbreitet, findet seine Liebhaber unter all jenen, die einen unterhaltsamen Mix aus Gefühl und Krimi-Spannung suchen – gepaart mit einem detailverliebten Schreibstil und einer angenehmen Portion Selbstironie. Auch Band 3 der Bodenseesaga Wie Spuren am See – Das Juwel empfehle ich reinen Gewissens allen Romantikern, die neben Gefühlen auch Abenteuer und vor allem Überraschungen lieben.

Michael Kothe

 

Bibliografie:

Sibylle Baillon
Wie Spuren am See – Das Juwel
Bodensee-Saga
352 Seiten, 12,5 x 20,5 cm, Paperback
Buch 15,– €
ISBN 978-3-8392-0526-6