Ece Temelkuran: Wenn Dein Land nicht mehr Dein Land ist

Die türkische Juristin, Journalistin und Schriftstellerin Ece Temelkuran legt mit „Wenn Dein Land nicht mehr Dein Land ist“ ein Buch vor, das eindringlich die aktuelle Situation in der Türkei beleuchtet.

Temelkuran lässt uns teilhaben an ihrer ganz persönlichen Geschichte, ihren Erfahrungen mit der türkischen Politik und beschreibt eindrucksvoll ihre Gedanken, ihre Ängste und auch ihre Hoffnung. In „glorreichen sieben“ Kapiteln legt sie die Entwicklung eines politischen Systems in Richtung Autokratie und Diktatur dar:

  1. Die Gründung einer Bewegung.
  2. Die Zersetzung des Vernunftgefühls und Terrorisierung der Sprache.
  3. Die Abschaffung des Schamgefühls und der Triumph unmoralischen Verhaltens.
  4. Die Demontage des Rechtsstaates.
  5. Der Entwurf eines neuen Bürgers.
  6. Das Gelächter über das Grauen und als abschließenden Volltreffer:
    Erschaffen Sie sich ihr eigenes Land

Der Begriff des Volkes, des homogenen Volkes, erlebt eine Wiedergeburt. Der Rechtspopulismus ist die neue starke politische Kraft, die sich gegen die saturierten Demokratien in Szene setzt mit manipulativen Oberbegriffen wie Globalisierung und Migration.

Die Autorin bietet keine glatten Lösungen an, hat Zweifel, auch an sich selbst und stellt immer wieder Fragen an die Leser und sich selbst. Ihr Anliegen ist es, die Gefahr des rapide wachsenden, weltumspannenden Populismus klar und deutlich aufzuzeigen. Damit wir aufwachen, wachsam bleiben, Allianzen bilden. Und dabei sollen wir unsere Energien nicht mit der Suche nach Dialog und Ergründenwollen verschwenden. Damit wir den Kaiser in seiner Nacktheit entlarven. Ein aufklärendes notwendiges Buch in diesen Zeiten der populistischen Düsternis.

Almut Scheller-Mahmoud

Bibliographie:

Ece Temelkuran
Wenn dein Land nicht mehr dein Land ist oder Sieben Schritte in die Diktatur
Übersetzung: Michaela Grabinger
272 Seiten
ISBN: 978-345500532-5
22 Euro

Die Autorin:

Ece Temelkuran, geboren 1973 in Izmir, ist Juristin, Schriftstellerin und Journalistin. Aufgrund ihrer oppositionellen Haltung und Kritik an der Regierungspartei verlor sie ihre Stelle bei einer der großen türkischen Tageszeitungen. Ihr Roman Was nützt mir die Revolution, wenn ich nicht tanzen kann wurde in zweiundzwanzig Sprachen übersetzt und erschien 2014 im Atlantik Verlag. Bei Hoffmann und Campe erschien zuletzt das Sachbuch Euphorie und Wehmut. Die Türkei auf der Suche nach sich selbst (2015) und der Roman Stumme Schwäne (2017).