Von großen Katastrophen und einfachen Leuten

2527ff7498fb6080-1Selbst Geschichtsmuffel lassen sich durch so manche gut geschriebene und recherchierte historische Romane begeistern. Sie entrücken uns in frühere Zeiten und fremde Welten. Deshalb sind sie bestens geeignet für lange Winterabende auf dem Sofa. Einer der großen Erzähler ist der Walliser Ken Follett. Nach „Die Säulen der Erde“ und „Die Tore der Welt“ hat er nun mit „Das Fundament der Ewigkeit“ den nächsten Kingsbridge-Roman veröffentlicht. Diesmal führt uns der Autor ins elisabethanische Zeitalter. Europa ist durchzogen von Glaubenskriegen und brutalen Ketzerjagden. Die Hauptfigur ist der Kaufmannssohn Ned Willard, der sich eigentlich nichts sehnlicher wünscht als Margery Fitzgerald zu heiraten. Aber die Machtspiele, Intrigen und Glaubensgegensätze entzweien auch sie. Ned verlässt Kingsbridge, um für die protestantische Prinzessin Elizabeth Tudor zu arbeiten. Als diese wenig später Königin wird, wendet sich ganz Europa gegen sie. Um dagegen bestehen zu können, baut sie mit Ned einen Geheimdienst auf, der dazu beiträgt, dass sie über 50 Jahre regiert.

Follett hat sich einen spannenden Teil Geschichte ausgesucht. Er führt seine Leser an die großen Höfe in London und Paris und bietet einen tiefen Einblick in die Gesellschaft jener Zeit. Schillernde Gestalten der Weltgeschichte wie Maria Tudor, Maria Stuart, Katharina von Medici, die Herzöge von Guise, Elisabeth Tudor und viele andere erwachen zum Leben. Natürlich treten die Sympathien des Autors schnell zutage. Dennoch gelingt es ihm, viele Facetten dieser Persönlichkeiten ans Licht zu bringen. Selbstverständlich hat Follett seine Hausaufgaben sorgfältig gemacht. Die Recherche scheint perfekt und detailreich. So vermittelt er gelungen die psychosozialen Umstände, die in die Katastrophen jener Zeit, etwa das Blutbad von Vassy, die Bartholomäusnacht, die Enthauptung von Maria Stuart und der Untergang der Armada, führten. Dabei ist seine Geschichte nicht jene überhöhter Könige und Fürsten. Sie ist umfassend und eben auch Sozial-und Technikgeschichte.

Dabei gelingt ihm eine interessante Analyse, die offenbart, dass es nicht wirklich die Glaubensgegensätze jener Zeit waren, die zu den entsetzlichen Blutbädern führten, sondern jene Eiferer, die aus Gier, Fanatismus und Machbesessenheit jene bekämpften, die für Aussöhnung und Verständigung eintraten. Trotz des Umfangs von über 1000 Seiten lässt Follett seine Leser kaum zu Atem kommen. Meisterlich gelingt es ihm Spannung und Tempo hoch zu halten. Seine Charaktere sind glaubwürdig mit klaren, herausragenden Eigenschaften. Gute und Böse sind immer klar voneinander zu unterscheiden. Dietmar Schmidt und Rainer Schumacher ist eine würdige Übersetzung ins Deutsche gelungen. Die Hörbuchfassung liest Joachim Kerzel, der mit seiner ruhigen Stimme an jeder Stelle die richtigen Akzente setzt. Damit ist Ken Follett ein weiterer großer historischer Roman gelungen, der einen wichtigen Teil der Geschichte beleuchtet, der das heutige Europa nicht nur geprägt hat, sondern auch wesentliche Lehren für unsere Zeit in sich trägt.

Gernot Körner

Bibliographie:

Ken Follett
Das Fundament der Ewigkeit
Aus dem Englischen von Dietmar Schmidt und Rainer Schumacher
Lübbe
Hardcover, 1162 Seiten
Ab 16 Jahren, 36,00 € [D] ISBN 978-3-7857-2600-6

Hörbuch:

Lübbe Audio
Gesprochen von Joachim Kerzel
955 Minuten, 36,00 €
ISBN 978-3-7857-5522-8

Der Autor:

Follett

Ken Follett ist ein britischer Schriftsteller, der seine Werke im Stil der klassischen Thriller-Dramaturgie verfasst. Follett wurde durch seinen Roman Die Nadel bekannt, der in 30 Sprachen übersetzt wurde. Dieses Werk verkaufte sich rund zwölf Millionen Mal, wurde mit dem Edgar Award ausgezeichnet und mit Donald Sutherland verfilmt. Bis heute konnte Follett weltweit über 160 Millionen Bücher verkaufen.

Foto: © Olivier Favre