Die Jury des Evangelischen Literaturportals hat Susann Pásztor für den Roman „Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster“ mit dem Evangelischen Buchpreis 2018 ausgezeichnet, gab der Vorsitzende des Ev. Literaturportals Landesbischof Ralf Meister bekannt. Pásztors Roman wurde aus 90 Vorschlägen von Leserinnen und Lesern ausgewählt.

9783462048704_10Die Begründung der Jury besagt:
Susann Pásztor ist ein wahres Kunststück gelungen. Sie hat einen Roman über Sterbebegleitung geschrieben, der nicht traurig macht, sondern mit viel Humor Lust aufs Leben weckt. Die 60-jährige Karla ist unheilbar an Krebs erkrankt. Sie bittet beim Hospizverein um jemanden, der sie in den letzten Wochen ihres Lebens begleitet. Für Fred, der auf der Suche nach einer sinnvollen Aufgabe gerade die Ausbildung zum Hospizhelfer absolviert hat, wird Karla damit zu seinem ersten „Fall“. Seine gut gemeinten, aber hilflosen Angebote stoßen bei Karla auf schroffe Ablehnung. Sie will keine Liste von Dingen, die sie vor ihrem Tod unbedingt noch erleben müsste. Sie will einen Menschen, der in ihrer Nähe ist, wenn sie ihn braucht, und der sich zurückzieht, wenn sie allein bleiben will. Es dauert eine ganze Weile, bis Fred nicht mehr seine Vorstellungen von einer richtigen Begleitung umsetzen möchte, sondern auf die Bedürfnisse von Karla eingehen kann. Unerwartete Hilfe bekommen beide von Freds 13-jährigem Sohn Phil. Er hilft Karla, die eine leidenschaftliche Fotografin war, unzählige alte Negative zu scannen. Und er lernt, Karla mit ihren Bedürfnissen zu verstehen. Beeindruckend, wie die Autorin die behutsame Annäherung des Jungen an die todkranke Karla erzählt.
Mit scharfer Beobachtungsgabe und viel Witz lässt Susann Pásztor die Lesenden an den Gesprächsrunden der Supervisionsgruppe teilnehmen, in denen die Auseinandersetzung mit dem Sterben sowie das Schöne, aber auch Enttäuschende der Hospizarbeit zur Sprache kommen. Und immer wieder schwingt die Frage mit, was die Hilfsbereiten selbst von ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit haben.
Die Autorin beschreibt die Figuren ihres Romans mit großem Respekt, mit feinsinnigem Humor in der Schilderung ihrer Motive und einem liebevollen Blick auf das Bemühen, das Leben zu gestalten.
Ein wunderbarer Roman, der den Tod ernst und das Leben mit all seinen Wirrungen doch leicht nimmt.

© Sven Jungtow

© Sven Jungtow

Susann Pásztor ist 1957 in Soltau geboren und studierte Kunst und Pädagogik. Heute lebt sie als freie Schriftstellerin in Berlin. 2010 erschien ihr erster Roman „Ein fabelhafter Lügner“, der in mehrere Sprachen übersetzt und 2012 mit dem Berthold-Auerbach-Literaturpreis ausgezeichnet wurde. Ihr zweiter Roman „Die einen sagen Liebe, die anderen sagen nichts“ erschien 2013. Sie hat selbst eine Ausbildung zur Sterbebegleiterin abgeschlossen und betätigt sich seit mehreren Jahren ehrenamtlich.

Der Dachverband evangelischer öffentlicher Büchereien, das Ev. Literaturportal, verleiht seit 1979 den mit 5.000 Euro dotierten Evangelischen Buchpreis. Die Autorin des Gewinnerbuchs bekommt den Preis am 16.Mai 2018 in der Paul-Gerhardt-Kirche/Stephanienbad in Karlsruhe überreicht. Die Jury besteht aus vier Mitarbeitern evangelischer Bibliotheken, zwei Jugendlichen, zwei Theologen und der Geschäftsführung des Ev. Literaturportals. Der Buchpreis geht an Bücher, die dazu anregen über uns selbst, unser Miteinander und unser Leben mit Gott neu nachzudenken. Neben dem Preisbuch wählt die Jury auch zwölf weitere Bücher für die Empfehlungsliste aus.

Göttingen, 2. März 2018

Die Empfehlungsliste 2018

Belletristik

Kling, Marc-Uwe: QualityLand. Ullstein, 2017
Knauss, Sibylle: Der Gott der letzten Tage. Klöpfer & Meyer, 2017
Menasse, Robert: Die Hauptstadt. Suhrkamp, 2017
Wolff, Iris: So tun, als ob es regnet. Müller, 2017

Kinder- und Jugendbuch

Engelmann, Reiner: Anschlag von rechts. Cbj, 2017
Höfler, Stefanie: Tanz der Tiefseequalle. Beltz & Gelberg, 2017
Pauli /Schärer: Fell und Feder. Atlantis, 2017
Raschke, Jens: Schlafen Fische? Mixtvision, 2017

Sachbücher für Kinder und Erwachsene

Blom, Philipp: Was auf dem Spiel steht. Hanser Berlin, 2017
Leitzgen, Anke M.: Das sind deine Rechte! Beltz & Gelberg 2017
Piepgras, Ilka: Wie ich einmal auszog, den Tod kennenzulernen… Droemer, 2017
Wohlleben, Peter: Hörst du, wie die Bäume sprechen? Oetinger, 2017

Quelle: Evangelisches Literaturportal e.V.
Foto: © Sven Jungtow