Aus dem Experimentier-Labor des Meisters

der Herr aus GlasEs ist doch schon beeindruckend, dass es dem Atrium Verlag immer wieder gelingt, Neues und zum Teil Verblüffendes über Erich Kästner aus dem Hut zu zaubern. Diesmal ist es der Band „Der Herr aus Glas“, gefüllt mit 42 Erzählungen des Autors, von denen elf weitgehend unbekannt sind. Der Grund besteht sicher nicht darin, dass Kästner diese Geschichten mit dem Mantel des Schweigens umhüllen wollte. Diese Erzählungen sind lediglich in Zeitungen und Zeitschriften erschienen und anschließend weitgehend in Vergessenheit geraten. Bei rund 140 Erzählungen, die Kästner verfasst hat, kann das wohl schon mal passieren.

Ausgegraben und ausgewählt hat die Geschichten der Kästner-Experte Sven Hanuschek. Nach eigener Aussage hat er den Versuch unternommen, „das Experimentier-Labor, das kürzere Prosa für Kästner darstellte, mit seinem ganzen Repertoire vorzustellen…“ Und das ist Hanuschek meisterlich gelungen. So begegnen wir dem Melancholiker, den der Leser wieder fragen möchte, „Herr Kästner, wo bleibt das Positive?“, ebenso wie dem Satiriker, Tragikomiker und Komödianten. Dabei bleibt er aber immer der tiefsinnige Beobachter, der peinlich genau die Sache auf den Punkt bringt.

So ist „Der Herr aus Glas“ eine gelungene Auswahl, die schon aufgrund der elf unbekannten Geschichten in keiner Bibliothek fehlen sollte.

(Gernot Körner)

Über den Herausgeber

Seven Hanuschek, geboren 1964, Germanist und Publizist, lehrt Neuere Deutsche Literaturwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Über Kästner veröffentlichte er die Biographie „Keiner blickt dir hinter das Gesicht“ (1999) und eine Monographie (2004). Bei Atrium sind bisher die Bücher „Dieses Na ja!, wenn man das nicht hätte! Briefe Kästners“ (2003) und „Der Gang vor die Hunde“ (2013) erschienen.

Bibliographie

Erich Kästner
Der Herr aus Glas

304 Seiten, mit Schutzumschlag
ISBN: 3-85535-411-1