Kampfarena Elternsprechtag

Frau Müller muss wegEltern, Schüler und Lehrer. Drei Welten, die am Schnittpunkt Schule aufeinander prallen. Häufig mit völlig entgegengesetzten Erwartungen. Die Schüler sind dabei leider oft die Leidtragenden. In einer Welt, in der nur finanzieller Erfolg den Wert eines Menschen zu bestimmen scheint, sind Lehrer – manchmal – die letzten Idealisten. Aber Gott bewahre – sie werden doch unsere Kinder nicht ebenfalls zu Idealisten erziehen!? Die sollen schließlich erfolgreich im Leben sein … Sorgen um das Wohl und die Entwicklung der Kinder führen oft genug zu Konflikten. Sönke Wortmann wirft einen kritischen Blick auf den Kampf der Titanen, Eltern gegen Lehrer, und nimmt dabei einen klaren Standpunkt ein.

Der Film „Frau Müller muss weg!“, nach dem gleichnamigen Bühnenstück von Lutz Hübner aus dem Jahr 2010, hat sich den Kammerspiel-Charakter bewahrt. Das gilt umso mehr für die Hörspielfassung. Die Geschichte beginnt und endet mit dem Auftritt der Lehrerin Frau Müller. Zwischen diesen Auftritten bringt eine kleine, aber energische Elternschar vor allem durch Dialoge die Handlung voran.

Eigentlich ist alles ganz einfach: Die Eltern sind mit den Zensuren und dem allgemeinen Befinden ihres Nachwuchses nicht zufrieden. Das Problem lässt sich leicht lösen: Diese labile, inkompetente Frau Müller muss weg! Die traut ihren Ohren kaum, ob der haltlosen Beschuldigungen, liest den Versammelten erst mal gehörig die Leviten und verlässt dann aufgebracht und erschüttert den Raum. Plötzlich ohne Ziel für die überschäumenden Gemüter, verlegen sich die erziehungsberechtigten Kleinbürger darauf, sich gegenseitig den Spiegel vorzuhalten.

Dabei fechten die engagierten Eltern vermeintliche Klassenkonflikte aus. Arbeitsloser und Karrierist, Ost- und Westdeutsche gehen aufeinander los. Am meisten Angriffsfläche bieten aber die Erziehungsstile und die daraus hervorgegangenen Sprösslinge. So versuchen die Akteure etwa die übertriebene Fürsorge des Helikoptervaters aufzuwiegen, gegen die Erlaubnis verdummende Computerspiele zu ‚daddeln‘. Immer wieder zeigt sich, wie stark die Figuren ihre eigenen Versagensängste oder ihren Wunsch nach Glück auf ihre Kinder projizieren. Aus verschiedenen Gründen sind sich, mit einer Ausnahme, schließlich alle wieder einig: Die Lösung aller derzeitigen Probleme bringt ausschließlich: das Übertrittszeugnis fürs Gymnasium.

Die Rückkehr der Lehrerin ermöglicht schließlich noch eine witzige Schlusspointe.

Die Aufbereitung für die Hörspielfassung ist gelungen. Marion Elskis ergänzt als Erzählerin dezent die optischen Details, die zum Verständnis nötig sind. Nicht zu viel und nicht zu wenig.

Ein bisschen schwierig ist es manchmal, die weiblichen Rollen in den Wortgefechten auseinanderzuhalten, da die Stimmen der Schauspieler zu hören sind und nicht eigens nach Stimmprofil ausgewählte Sprecher. Fans des Films werden sich daran aber kaum stören, sondern sich über die Original-Geräusche und die Musik freuen.

„Frau Müller muss weg!“ ist eine gelungene Satire auf das Schulwesen und überengagierte Eltern. Der Film nimmt die Lehrer, die häufig als Sündenböcke für missglückte Reformen und persönliche Befindlichkeiten herhalten müssen, in Schutz. Er zeigt, wie leicht der allgegenwärtige Leistungsdruck unserer Gesellschaft so manche Eltern verrücktspielen lässt. Ein Genuss für Lehrer, ein Denkanstoß für Eltern und eine gute Diskussionsgrundlage für jeden an der Bildungsdebatte interessierten.

(Tobias Schudok)

Filmographie

Ein Film von Sönke Wortmann
Frau Müller muss weg!

Deutschland 2015
88 Minuten
Im Verleih von Constantin Film

Hörbuch

Frau Müller muss weg! Das Original-Hörspiel zum Film

Erzählerin: Marion Elskis
Verlag Goya LIT
2 CDs/Gesamtspielzeit: 01:34:23