Ken Follett: Kinder der Freiheit

Ein Jahrhundertwerk

Follett-Kinder-der-Freiheit Zwei Kriege ungeahnten Ausmaßes erschüttern die ganze Welt. Zwei Supermächte bedrohen, durch aberwitziges Wettrüsten und bislang unvorstellbare Waffentechnologien, Leben und Sicherheit der ganzen Menschheit. Demokratie, Kommunismus und Nationalsozialismus beanspruchen den Titel der besten aller möglichen Staatsformen für sich. Doch trotz aller Widerstände wächst die politische und wirtschaftliche Welt immer mehr zusammen. Diese außerordentlichen Entwicklungen sind das Thema der „Jahrhundert-Trilogie“ von Ken Follett. Aus der Perspektive zahlreicher fiktiver und historischer Personen beschreibt er die großen politischen und gesellschaftlichen Umwälzungen des vergangenen Jahrhunderts.

Der abschließende Band „Kinder der Freiheit“ schildert die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg und legt den Schwerpunkt auf das DDR-Regime, die Aktivitäten der Stasi, das Problem der Apartheid in den USA und den kalten Krieg. Daneben beleuchtet Follet die Entwicklung der Popmusik-Industrie und geht auf zahlreiche historische Ereignisse ein, darunter die Kubakrise, die Ermordung Kennedys und der Mauerfall.

Wie in den ersten beiden Bänden spielt die Handlung aus Sicht zahlreicher fiktiver Figuren, die meist dem Typus des einfachen Mannes und der einfachen Frau von der Straße entsprechen. Zugleich sind sie durch berufliche Karriere oder privates politisches Engagement in das direkte Umfeld historischer Figuren verwoben, wie John F. Kennedy, Martin Luther King oder Chruschtschow. Auf diese Weise vermittelt Follett politische Zusammenhänge durch Gespräche, anstatt durch bloße Berichte.

Die geschichtlichen Darstellungen sind nicht immer bis ins Detail erklärt, doch umfangreich genug, um das eigene Schulwissen aufzufrischen. Nicht alle Gespräche sind völlig authentisch, aber es fällt nicht schwer, sich vorzustellen, dass es so oder so ähnlich gewesen sein könnte.

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Follett erzählt weitgehend neutral und interessiert sich dabei vor allem für die gesellschaftlichen Problemzonen. Während die UdSSR von Anfang an dem Untergang geweiht scheint und die Schilderung der DDR sich sehr auf die Stasi konzentriert, prangert Follett zwar Apartheid und politische Ränkespiele in den USA an, aber lobt zugleich Fortschrittlichkeit und Freiheitsliebe. Dieser westliche Standpunkt des Beobachters ist nicht überraschend oder anstößig, doch wirkt er recht schablonenhaft.

Das trifft leider auch auf die Vielzahl an Protagonisten zu. In ihrer Sprache und ihrem Handeln kommen sie oft arg hölzern und austauschbar daher. Charakterliche Eigenheiten spielen kaum eine Rolle. Die meisten agierenden Figuren sind schön, hochgewachsen und gut gekleidet. Zudem unterhalten fast sämtliche Figuren sexuelle Beziehungen miteinander und betrügen sich gegenseitig. Doch gerade diese Episoden fallen oberflächlich und durch ihre regelmäßige Wiederkehr eher ermüdend aus. Für die Charakterisierung der Figuren oder den weiteren Handlungsverlauf spielen sie selten eine Rolle. Johannes Steck liest die Hörbuchfassung souverän, mit passender Intonation, ohne ausgeprägte Dramatik.

Follett vermittelt geschichtliches Wissen auf leicht zugängliche Weise. Wenn Martin Luther King oder Chruschtschow über ihre nächsten politischen Schritte fachsimpeln, kommt für den historisch interessierten Leser Spannung auf. Auch das tiefe Mitgefühl für die Opfer von Vorurteilen und Ideologien, gleich welcher Färbung, ist berührend. Die schiere Fülle an Nebenhandlungen und Einzelschicksalen blasser Protagonisten jedoch fesselt kaum. So bleibt „Kinder der Freiheit“ leider nur ein unterhaltsameres Geschichtsbuch. Zugleich ist es aber ein Plädoyer für eine Welt, die sich hoffentlich immer und immer weiter gegen Rassismus, Ausgrenzung, Unfreiheit und überzogene Kontrolle zur Wehr setzt.

(Tobias Schudok)

Über den Autor

Foto: Olivier Favre

Ken Follett ist ein britischer Schriftsteller. 1978 ist er mit dem Thriller „Die Nadel“ weltbekannt geworden. Heute arbeitet er, mit Unterstützung zahlreicher Berater und Rechercheure, an Romanen, die meist klassische Thriller-Plots in detaillierte historische Kontexte setzen. Mit über 130 Millionen verkauften Büchern weltweit zählt er zu den erfolgreichsten Autoren der Gegenwart.

Bastei Lübbe

Hardcover, 1216 Seiten

ISBN 978-3-7857-2510-8

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