Große Fragen im Obdachlosenmilieu

Homo Faber, das ist der Mensch mit seiner Fähigkeit, für sich Werkzeuge und technische Hilfsmittel zur Beherrschung der Natur herzustellen. Dieses Werkzeug hat der Mensch im Laufe der Zeit immer weiter verfeinert. Heute gehört auch schon mal eine Petrischale und eine feine Pipette dazu, um umso größere Wirkung zu erzielen. Die Biotechnologen greifen tief in die Natur ein.

Inhalt

Davon und von der Gier der Menschen und den Menschen selbst handelt Martin Suters neuer Roman. Und er beginnt mit der Begegnung von etwas Verlorenem und etwas Faszinierendem. Das Verlorene ist der Obdachlose Schoch, der an seinem Schlafplatz, einer Höhle an der Limmat, kaum glauben kann, was er da sieht. Es ist das Faszinierende, ein rosa Miniaturelefant, der im Dunkeln leuchtet. Woher der Elefant kommt, weiß Schoch freilich nicht. Das weiß der Genforscher Roux, der sich enormen Profit von dem kleinen Geschöpf verspricht und schon bald hinter Schoch her ist.

Perfekte Recherche

Suter ist ein großer Geschichtenerzähler. Das beweist er auch in seinem Roman „Elefant“. Und er ist ein sehr genauer Erzähler. Wochenlang muss er wohl im Obdachlosenmilieu recherchiert haben, so detailreich ist seine Erzählung. Suters Persönlichkeiten sind wie immer vielschichtig, nachvollziehbar und glaubwürdig. Echte Charaktere. Seine Sprache ist reich und der Roman glänzt in seiner Themenvielfalt.

Ein bisschen Ethik

Im Mittelpunkt stehen ethische Fragen nach dem Recht des Menschen zum Eingriff in Natur oder auch Schöpfung. Und Suter lässt keinen Zweifel daran, dass der Mensch die Natur zu achten hat und die Finger von etwaigen Manipulationen lassen sollte. Nur ganz zaghaft klingt die Frage nach den positiven Seiten einer Technologie an, die mit Hilfe von Genmanipulation auch Menschenleben retten könnte. In „Elefant“ bleibt die Situation aber klar. Die Gentechniker und ihre Partner sind hier alle gewissenlose Ausbeuter.

Von Vögeln und Leuchttürmen

Ganz anders die Obdachlosen, die als Wanderer zwischen den Abgründen viele Eigenschaften in sich vereinen. Sie gleichen in Suters Erzählung eher den biblischen Vögeln auf dem Felde, die eben nicht planen, sondern lediglich nach Befriedigung ihrer meist harmlosen Bedürfnisse suchen. Eine unbewusste Gesellschaft, eine Karikatur unseres Alltags. Und dazwischen gibt es jene, die aus Idealismus handeln und Verantwortung für sich und andere übernehmen. Sie sind die Leuchttürme, die Hoffnung des Lesers.

Reich, spannend und versöhnlich

Suters Roman ist reich, spannend und versöhnlich. Schließlich geschieht doch vieles, das den Glauben an das Gute am Leben hält. Die Hörbuchfassung liest Gert Heidenreich. Der Schriftsteller, Journalist und Radiosprecher ist ein Garant für Klarheit und die richtige Akzentuierung. Mit seiner angenehmen Stimme schafft er die Atmosphäre für ein echtes Hörerlebnis.
Suters Roman ist eine gut erzählte, spannende Geschichte und als Hörbuch auch mit einem großen Vorleser.

(Gernot Körner)

Bibliographie:

Martin Suter
Elefant
Diogenes
Hardcover Leinen, 352 Seiten
978-3-257-06970-9
24,00 € (D) / 24,70 € (A) / 32,00 sFr unverb. Preisempfehlung

Hörbuch
Gelesen von Gert Heidenreich
6 CD, 7 Std.48 Min.
978-3-257-80381-5
25,00 € (D)/ 28,10 € (A), 34,00 sFr unverb. Preisempfehlung

Der Autor

Martin Suter, geboren 1948 in Zürich, arbeitete bis 1991 als Werbetexter und Creative Director, bis er sich ausschließlich fürs Schreiben entschied. Seine Romane – zuletzt erschien ›Elefant‹ – und ›Business Class‹-Geschichten sowie seine ›Allmen‹- Krimiserie sind auch international große Erfolge. Martin Suter lebt mit seiner Familie in Zürich.