Das Leben schreibt die seltsamsten Geschichten. Das haben sich möglicherweise der Drehbuchautor Daniel Fink und sein Regisseur und Ideengeber Nico Sommer bei ihrem neuen Film gedacht. Schließlich wirkt es doch etwas ungewöhnlich, wenn sich bei einem Treffen zweier Familien herausstellt, dass zwei der Erwachsenen gerade ein Verhältnis miteinander haben. Das muss aber so sein. Sonst funktioniert die Geschichte nicht und diese ist nicht nur sehenswert.

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Alina (Anais Urban) ist gerade 17 und Nico (Jan Amazigh Sid) 19 Jahre alt. Sie sind ineinander verliebt und möchten, dass sich ihre Eltern kennenlernen. Dazu arrangieren sie ein Treffen bei Nicos Eltern. So fahren Maja (Kathrin Waligura) und Uwe Roth (Peter Trabner) in das Schloss von Birgit (Deborah Kaufmann) und Stefan Ohnsorg (Jörg Witte). Als sich herausstellt, dass Maja und Stefan ein Verhältnis miteinander haben, schlagen die Wellen hoch.

Nach seinem Filmdebüt „Silvi“ widmet sich Nico Sommer erneut der Generation-40-plus. Die Kernfrage bringt die Jury des Max-Ophüls-Preises 2014 sauber auf den Punkt: Wie vereinbar ist das Ideal der Familie mit den Schwächen und Bedürfnissen des Individuums? Der Film geht mitten in das private und intime Herz unserer Gesellschaft. Und Sommer hat ganz genau hingeschaut und mit viel Gefühl umgesetzt. Zwei Paare in langjährigen Beziehungen, eines in einer ganz kurzen. Während letztere noch vom Ideal des Paarseins und der Familie träumen, sind deren Eltern längst deutlich ernüchtert. Nichts scheint mehr, wie es mal war. Uwe ist distanzlos, lässt sich gehen und hadert mit seinem Schicksal. Maja wirkt distanziert und gelangweilt. Birgit ist frustriert und enttäuscht, während Stefan fremd geht, um sich selbst noch zu spüren. Es fehlt an Empathie, an Achtsamkeit und vor allem an echter Kommunikation. Keiner fühlt sich vom anderen wirklich wahrgenommen. Bedrückend, weil so viel Realität.

Bei so viel Präsenz weitverbreiteter Beziehungsrealität ist es wohltuend, dass Sommer das Genre der Tragikomödie gewählt hat. Während etliche Dialoge und Szenen fast schon dokumentarisch wirken, gelingt es ihm immer wieder vom feinen Humor bis zum Slapstick die Palette der Komik auszuspielen. Sommer bleibt seinen selbstgesetzten Zielen treu: „komische Eigenwilligkeit, interessante Authentizität und originelle Hybridität“. Letzteres in etlichen Spielformen.

Mit Waligura, Trabner, Kaufmann und nicht zuletzt Witte hat Sommer zudem ein wunderbares Quartett zusammengestellt, das durch äußerliche und gespielte Gegensätzlichkeiten starke Spannungsfelder aufbaut, die in einigen Momenten plötzlich in sich zusammenfallen, um einer zum Teil krotesk anmutenden Harmonie Raum zu bieten. Aber genau so ist eben das Leben.

Damit der Zuschauer nicht in Resignation versinkt, schafft Sommer einige warme, versöhnliche Szenen und letztlich eine gelungene Pointe.

Gelungen und sehenswert – vor allem für jene, die mal wieder ehrlich ihre eigene Beziehung durchchecken möchten und mit ihrem Partner darüber reden.

FilmographieCover_Familienfieber (Film)

Familienfieber
Ein Film von Nico Sommer

Deutschland 2014
78 Minuten

Kinostart 15. Januar 2014
Im Verleih der daredo media GmbH