Feibel Autorenfoto 1_Quelle_HoffotografenAutor, Journalist und Medienexperte

Thomas Feibel (Jahrgang 1962) ist der führende Journalist in Sachen Kinder und Computer in Deutschland. Der Medienexperte leitet das Büro für Kindermedien in Berlin und publiziert für Stiftung Warentest, c’t, Familie & Co, Dein Spiegel und viele andere. Einen Namen machte er sich unter anderem mit dem etablierten Standardwerk „Der Kinder-Software-Ratgeber“, der von 1996 bis 2003 jährlich in Buchform erschien und seitdem stetig online weitergeführt wird.

Darüber hinaus verfasst Thomas Feibel viele Sachbücher und zahlreiche Kinder- und Jugendbücher. Er hält Lesungen und Vorträge, veranstaltet Workshops und Seminare. Seit 2002 verleiht er als Co-Initiator zusammen mit dem Family Media Verlag den deutschen Kindersoftwarepreis TOMMI. Darüber hinaus hat er zahlreiche Romane für Jugendliche verfasst, zuletzt „Like me. Jeder Klick zählt“ im Carlsen-Verlag und die vier Medienführerscheine (z.B. „Smartphone, aber richtig!“) für Ravensburger.  Für seine Arbeit der Leseförderung und Vermittlung elektronischer Medien für Kinder und Jugendliche zeichnete der Deutsche Bibliotheksverband (dbv) Thomas Feibel 2014 mit der Karl-Preusker-Medaille aus. Er lebt in Berlin.

Als führender Journalist und Experte in Sachen Kinder und Computer ist Thomas Feibel seit vielen Jahren auf allen Kanälen unterwegs. Über 50 Kinder-, Jugend- und Sachbücher hat er mittlerweile geschrieben. Inspiration findet er bei seiner Zielgruppe und in der bunten Welt der Neuen Medien. Sein Engagement gilt der Leseförderung und der Vermittlung elektronischer Medien – und damit den Kindern. Dafür hat er unlängst die Karl-Preusker-Medaille erhalten.

 

Du bist Journalist, Kinderbuchautor und Medienexperte. Wo fühlst Du Dich am meisten zuhause?

Ich fühle mich in allen Welten wohl. Deshalb habe ich sie miteinander vernetzt. Am liebsten denke ich mir Geschichten aus. Es gibt für mich nichts Befriedigenderes und Erfüllenderes als Geschichten zu erzählen und Romane zu schreiben. Gegenwärtig bringe ich Geschichten überall ein.

Zum Beispiel Shortbooks für Schreibseminare in Schulen, in denen die Klasse zum Verlag wird oder wenn es einen Internetratgeber für Schüler geben soll, dann geht das viel besser in einer witzigen Pinguingeschichte. Für wichtige und schwierige Themen können solche Stories auf eine für Kinder und Erwachsene nachvollziehbare Weise helfen, Konsequenzen und Zusammenhänge zu verstehen, ohne dass da die große Moralkeule geschwungen wird. Gerade durch den emotionalen Zugang erreicht die Botschaft die Leser viel stärker.

 

Und welche Rolle spielt der Journalist und Medienexperte Feibel?

Ich habe den Journalismus immer als Disziplinierung des Schreibens empfunden. Sag etwas in 50 Worten, in 500 Worten, in 5000 Worten. Auf welche Fakten muss ich mich konzentrieren, wie bringe ich was auf den Punkt? Eher eine Meldung? Ein Feature? Ein Interview? Gerade durch die vielen Spielformen habe ich sehr viel über die Arbeit mit Texten gelernt. Und als Medienexperte sehe ich mich gar nicht so, mehr als Übersetzer. Ich versuche bei meinen Vorträgen und Fortbildungen Eltern und Lehrern zu erklären, was Kinder aus Facebook, Whatsapp oder Videospielen bekommen, das sie anderswo nicht bekommen – und wir müssen uns fragen: Wieso nicht?

 

Als Medienexperte, aber auch als Kinderbuchautor hast du in der Hauptsache die Onlinewelt im Blick. Was fasziniert Dich daran? 

Sie fasziniert mich als Inspirationsquelle. Ich bin der „Was wäre wenn“-Typ. Wenn mich eine fehlgeleitete Mail auf schwedisch erreicht, geht bei mir gleich ein Film los:  Was wäre, wenn diese Mail nicht für dich ist, sondern für einen Verbrecher? Was ist, wenn du durch die Richtigstellung den Auftraggeber zu der irrigen Annahme brächtest, es gäbe einen Mitwisser. Daraus entstand der Jugendroman „Black Mail“.

Neulich habe ich eine Geschichte geschrieben, weil ich in einer Zeitung gelesen hatte, dass ein Navigationssystem eine Straße aufzeigt, die es nicht gibt. Dazu kommt im Dezember ein neues Shortbook, das es ausschließlich nur in Bibliotheken gibt, um sie zu stärken.

Eine weitere Faszination liegt darin, dass die Probleme in den Welten der Neuen Medien immer die alten Probleme sind: Cybermobbing versus Mobbing, Identitätenklau im Internet und in Wirklichkeit, der Streich im Internet und der Streich im echten Leben. Nur die Konsequenzen sind heute anders. Ganz anders. Darum bedarf es der Aufklärung: Kinder können die Folgen ihres Handelns nicht einschätzen. Das gilt eigentlich immer, aber für das Internet ganz besonders.

Der Jugendroman „Like me. Jeder Klick zählt“ ist einer Deiner großen Erfolge in jüngerer Zeit. Das Buch rund um das Thema „Jugendliche und Social Media“ trifft offensichtlich auch in den Schulen ins Schwarze. Warum hast du Dich für dieses Thema entschieden?

In der Geschichte geht es um eine Mischung aus „Deutschland sucht den Superstar“ und „Facebook“. Wer die meisten Fans und Likes hat, wird Starmoderator einer  Onlineshow. Soweit ist das von der Realität gar nicht weg. Drei Schüler gehen für den Sieg über Grenzen. Die von anderen und die eigenen.

Die Idee kam so: Ich habe für einen Vortrag eine Schule in Hessen besucht. Dort hatten drei Schülerinnen einer korpulenten Lehrerin unter den Rock gefilmt und das Video online gestellt. Die drei Mädchen sollten von der Schule verwiesen werden. Die Sache war sehr schlimm. Aber wenn niemand den Kindern erzählt, was mit Fotos geht und was auf keinen Fall geht, können sie die Konsequenzen nicht einschätzen. Ich habe danach den Artikel „Kinder, Pech & Pannen“ für die c’t geschrieben, der sich mit vielen solcher Problemen auseinandersetzt. Daraufhin bekam ich sehr viele Einladungen an Schulen. Wie bereits gesagt: Ein Geschichte ist durch die höhere Identifikation ein besserer Sensibilisator. Der Carlsen-Verlag hat hierfür schulbegleitendes Material mit Klicksafe entwickelt.

 

Du hast ja auch „Das Büro für Kindermedien“ in Berlin. Wie wichtig ist der Kontakt für dich zur Zielgruppe? 

Für mich ist das Gespräch und die Begegnung mit Kindern das Wichtigste an meiner Arbeit. Von ihnen erfahre ich, was gerade „brennt“ und ihnen Sorgen macht. Wenn mir Schüler erzählen, dass sie einen bedrohlichen Kettenbrief bekommen haben, dann möchte ich den Druck von ihnen nehmen.

Ein anderes Beispiel ist die Mär vom Pädophilen bei der App „Talking Angela“. Mädchen und Jungen erzählen erschrocken und fasziniert zugleich, dass sie durch die Augen der Katze Angela von einem Mann mit sexuellen Interessen an Kindern beobachtet würden. Das ist natürlich Unsinn, verbreitet sich aber rasch und verhilft der App zu großen Downloadzahlen. Mit solchen diffusen Ängsten dürfen wir Kinder nicht alleine lassen.

 

Wie wichtig ist an dieser Stelle die Medienkompetenz?

Für mich ist Medienkompetenz nicht nur gut recherchieren oder ein Wort bei Word kursiv setzen. Kinder müssen wissen, was sie im Falle eines Falles oder Notfalles zu tun haben. Nichts ist schlimmer als Angst haben zu müssen und innere Konflikte alleine bewältigen zu müssen. Kinder werden im Netz gemobbt, abgezockt, belogen, genötigt  oder verführt. Das macht mich wütend.

Kinder müssen für den Umgang mit dem Netz stark gemacht werden. Resilienz muss auch hier stattfinden. Darum bin ich das ganze Jahr in Schulen unterwegs und mache Lesungen und Workshops. Zur Zeit toure ich auch mit meinen Medienführerscheinen „Smartphone, aber richtig!“ und den anderen drei Bänden zu Internet, Facebook und der Computer als Helfer in der Schule. Von Ravensburger gibt’s dazu ein Portfolio für den Einsatz in der Schule. Diese Schulauftritte sind für die Schüler und mich erhellend und trotz der Schwere des Themas durchaus auch lustig.

 

Du bist mit Deinen Vorträgen, Lesungen und Workshops im gesamten deutschsprachigen Raum unterwegs und manchmal auch darüber hinaus. Du liest in Schulen und hältst auch Workshops für Lehrer und Eltern. Hat sich hier die Haltung gegenüber dem Internet im vergangenen Jahrzehnt entscheidend verändert? 

Ja, es gibt nicht mehr diese blinde Ablehnung. Die Neuen Medien sind in der Gesellschaft angekommen. Vorgestern waren Gewalt-Computerspiele das Thema, gestern Facebook und heute ist es das Smartphone. Es kommen immer neue Probleme dazu und viele wissen nicht, wie sie sich verhalten sollen. Dabei brauchen Neue Medien keine neuen Erziehungsmethoden. Das Wichtigste ist für mich, dass wir unserer Vorbildfunktion gerecht werden und damit haben wir alle Hände voll zu tun. Ein Beispiel: Wir können nicht von Kindern erwarten ihre Privatsphäre zu schützen, wenn Erwachsene ihre Daten beim Discounter oder einer Tankstelle hinterlegen, um am Ende eine Bratpfanne billiger zu bekommen. Eine Sensibilität bei Kindern kann nur durch eigene Sensibilität erreicht werden. Und Privatsphäre ist ein zu wichtiges Gut und ein zu großer Wert, um es für Haushaltswaren zu verscherbeln. Zu Hause ist heute der letzte Ort, wo Privatsphäre noch stattfindet. Hier können wir sein wie wir sind. Unverstellt. Dies gilt es zu schützen.

 

Was beeindruckt Dich am meisten bei den Kindern und Jugendlichen? 

Kinder und Jugendliche sind oft offen, neugierig, verspielt, ehrlich und unverstellt. Bei den Workshops haben sie zu Neuen Medien einen unglaublichen Mitteilungsbedarf, da sie in ihren Medienerlebnissen nur selten abgeholt werden. Es macht mir eine wahnsinnige Freude mit ihnen die Welt noch einmal mit ihren Augen zu entdecken. Kinder glauben an das Gute, das berührt mich immer wieder.

 

Du nicht? Willst du nicht auch die Welt mit Deinen Geschichten verbessern? 

Als Kind glaubten wir alle, dass es so etwas wie Kriege nicht geben muss oder dass wir alle gemeinsam für die Abschaffung des Hungers etwas tun könnten. Als Erwachsene müssen wir irgendwann die Unmöglichkeit dieses Glaubens begreifen. Nur akzeptieren dürfen wir das nicht. Wir Menschen brauchen Liebe, Freundschaft, Ehrlichkeit und Solidarität, um als Gesellschaft menschlich bestehen zu können. Mit meinen Büchern kann ich die Welt nicht verbessern, aber vielleicht zeigen, wie es im Einzelnen geht. Vielleicht bin ich so etwas wie ein von Erwachsenen enttäuschtes Kind, das sich mit bestimmten gesellschaftlichen Problemen nicht abfinden will.

 

Du engagierst dich seit Jahren für und in Bibliotheken. Jetzt hast du für die Leseförderung und die Vermittlung elektronischer Medien für Kinder und Jugendliche die Preusker-Medaille erhalten. Warum sind dir Bibliotheken so wichtig?

Bibliotheken sind gelebte Demokratie. Hier kann jeder rein und Medien nutzen, die er oder seine Familie sich vielleicht nicht leisten können. In Bibliotheken können Kinder und Erwachsene nicht nur an Büchern und Zeitschriften, sondern auch an Spielen, Computerspielen, E-Books oder am Internet partizipieren. Einen besseren Ort für Chancengleichheit in der Bildung kann ich mir nicht vorstellen. Bibliotheken sind aber nicht nur Ausleihstätten, sondern bieten auch Kindern- und Jugendlichen Aufenthaltsorte. Viele Mitarbeiter arbeiten oft sozialpädagogisch. Und Bibliotheken passen sich schnell der Medienwelt an. Und damit machen sie sich immer wieder aufs Neue für neu zu erlernende Lesefähigkeiten stark.

 

Woran arbeitest Du gerade? Was möchtest Du am liebsten machen?

Ich schreibe gerade zwei Romane für Carlsen zum Thema „Identitätenklau“ und „Sexting“. Zudem bereite ich ein Onlinemagazin von Kindern für Kinder vor.  Das wird sicher auch für Schulbibliotheken interessant.

Ich mache bereits das, was ich am liebsten mache: Mein Kindheitstraum war das Schreiben. Ich schreibe Artikel, Romane, Kurzgeschichten, Drehbücher und Hörspiele. Ich würde gerne ein Libretto  oder noch einen Roman für Erwachsene schreiben. Ich bin leidenschaftlich gerne Vater und liebe zwar die bunte Medienwelt und das hektische Berlin, bin aber am Wochenende auf meinen alten Bauernhof in Brandenburg. Da ist ein bisschen wie mit Gallien. Hier kommen nicht nur keine Römer  hin, sondern auch die Telekom hat dort kein Glasfaserkabel verlegt. Wir haben kein Internet, kein Fernsehen und nur einen Handyempfang in Kurzwellenqualität. Und ich atme auf.

BibliografieLike Me jeder Klick zählt Cover

Like me. Jeder Klick zählt
Thomas Feibel

Taschenbuch: 176 Seiten
Verlag: Carlsen (Februar 2014)

ISBN-13: 978-3551313973