Duebell-Zorn-des-Himmels

In unserer Zeit, die uns leicht genug als Gipfel der Modernität erscheint, sind viele Probleme gelöst und viele Fragen beantwortet, die noch vor wenigen Jahrhunderten nicht zu überwältigen schienen. Reisen, Gespräche und Datenübermittlung über beliebig weite Strecken stellen kein Problem mehr dar. Die Grundbedürfnisse des alltäglichen Lebens sind zumindest für die meisten Westeuropäer ohne große Mühen zu befriedigen. Im größten Teil Europas herrscht Religionsfreiheit und Frieden und die politischen Gewalten halten sich im Gleichgewicht. Es gibt jedoch eine Ausnahme und so sehr wir uns bemühen vorausschauend zu handeln, immer wieder stellt die Natur unsere Kraft auf die Probe. Zuletzt 2013 in weiten Teilen Europas, zuvor 2010 an der Oder und 2006 an der Elbe. Durch den anhaltenden Regen überfluteten die Flüsse Straßen, ließen Keller volllaufen und Stürme richteten Verwüstung an, rissen Bäume um und Ziegel von den Dächern.

Eines der schrecklichsten Unwetter der europäischen Geschichte der letzten 2000 Jahre – das Magdalenenhochwasser von 1342 – bildet nicht nur den Hintergrund für den kurzweiligen Thriller „Zorn des Himmels“ von Richard Dübell rund um Kaiser Ludwig von Bayern, sondern ist das spannendste Moment des Buches.

Kaiser Ludwig residiert in Franchenfurt. Die Stadt ist daher in Aufruhr. Schließlich gilt es die wichtigste Person im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation zu schützen. Gerüchte um einen Attentäter machen die Runde. Ein Deutschritter und ein abgerissener Mann der unter Gedächtnisverlust leidet und erstaunliche Kampffertigkeiten besitzt, tauchen in der Stadt auf und dann kommt der Sturm…

Hauptfigur ist Philippa, die Tochter Rupprechts, des Vorstehers der Schifferzunft. Eine dickköpfige, eigenwillige junge Frau, die von Abenteuern träumt und eine tiefe innere Verbundenheit zum Main verspürt. Ihre Figur, vor allem ihre Ansichten zur Ehe und ihrer Rolle als Frau bieten viel Identifikationsfläche für moderne weibliche Leser, wirken aber ein wenig anachronistisch. Nichtsdestotrotz verbreitet Dübells neuester historischer Roman ein typisch mittelalterliches Flair. Namen, Ortsangaben und zahlreiche Details geben Einblick in das mittelalterliche Leben. Besonders interessant ist jedoch, in welcher Weise die mittelalterliche Bevölkerung versucht sich gegen das Unwetter zur Wehr zu setzen und Witterungsschäden ausbessert. Dübell erzählt aus verschiedenen Perspektiven, in einfacher, aber nicht banaler Sprache und in angenehmem Tempo.

Die Geschichte um die beiden kampferprobten Fremden lässt zunächst miträtseln und im weiteren Verlauf mitfiebern, leider werden viele Rätsel aber etwas schnell gelüftet, so dass der Ausgang nicht allzu schwer zu erraten ist. Die Beziehungsgeschichte rund um Philippa und die Schilderungen über Hilpolt Meester, den Anführer der kaiserlichen Garde, der gegen widrige Umstände aller Art versucht, den Kaiser um jeden Preis zu schützen, geben der Geschichte Tiefe und Komplexität, die keine Langeweile aufkommen lassen.

Der eigentliche Fokus der Aufmerksamkeit liegt aber auf dem Unwetter. Die Beschreibungen von Sturm und unaufhaltsamen Wassermassen sind beeindruckend und jagen Schauer über den Rücken – und ein wenig erschaudert man auch beim Auftauchen aus der mittelalterlichen Welt, beim Gedanken daran, wie viel ungebrochene Macht Rhein, Main und Donau noch heute haben.

Über den Autor

Richard DübellRichard Dübell zählt zu den beliebtesten Autoren der Gegenwart im Bereich des historischen Romans. Er lebt in Landshut und ist Träger des Kulturpreises dieser Stadt.

Neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit arbeitet Dübell als Cartoonist und Grafiker und bietet eine Schreibwerkstatt an. Daneben engagiert er sich in unterschiedlichen Projekten darum, Schülern die Freude am Lesen und das Handwerk des Schreibens näherzubringen.

Bibliographie

Zorn des Himmels
Richard Dübell

ab 16 Jahren
Bastei Lübbe

Hardcover
400 Seiten

ISBN: 978-3-785725-14-6